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4. Oktober 1622: Nachrichten aus Frankfurt

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Im Frühherbst standen ohne Zweifel die Kämpfe um die Kurpfalz im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Doch auch aus anderen Orten wurde Berichtenswertes gemeldet; Frankfurt am Main, wo sich ohnehin die Handels- und somit auch Nachrichtenwege kreuzten, kamen viele Informationen zusammen. Am 4. Oktober 1622 wurde Neuigkeiten ganz unterschiedlicher Couleur aus Frankfurt gemeldet1.

Zunächst gab es einen Reflex auf den Fall Heidelbergs: Der militärische Verlust der pfälzischen Residenz war bereits bis nach England gedrungen, wo der König, also der Schwiegersohn des Pfalzgrafen „die einnemmung Haydelberg hoch empfinde“. Womöglich, so mutmaßte die Meldung, werde es dabei nicht bleiben. Zwar hatte es einige militärische Hilfen für Friedrich von der Pfalz gegeben, doch blieb der Effekt dieses Engagements begrenzt.

Deutlich gefährlicher waren bislang die Aktivitäten Mansfelds gewesen. Wo er sich gerade aufhielt und was seine Planungen ausmachten, war stets eine Nachricht wert. Er war ohne Zweifel der gefährlichste Gegner der habsburgischen Sache. Gerade erst, so wurde berichtet, hatte er sich auf dem Zug nach Friesland ein Gefecht mit spanischen Truppen geliefert und dabei „in 200 erlegt / vnd 100 gefangen“.

Nach wie vor konzentrierten sich aber die Kämpfe in den Niederlanden auf Bergen op Zoom. Die Belagerung wurde mit großer Härte fortgeführt, aktuelle Nachrichten sprachen von Minenkämpfen. Dabei seien noch 400 Soldaten auf spanischer Seite gefallen, auch Spinolas „fürnembster Jngenier“ sei dabei umgekommen. Weitere Kämpfe ereigneten sich bei Sluis, auch hier zuungunsten der Spanier.

Danach folgten noch zwei Meldungen aus dem Reich. Aus Leipzig gab es Nachrichten, „daß das Hauß Sachsen zu Jüterbock jhre Brüderschafften bestähtigt“ hätten. Genauere Angaben gab es nicht, doch offenbar ging es hier um die Erbverbrüderung, die zwischen den Häusern Hessen, Sachsen (Wettin) und Brandenburg geschlossen wurde. Explizit genannt wurden noch die Abgesandten Hessen-Kassels, auch dies ein wichtiger Hinweis, denn die politischen Schritte des Landgrafen wurden in dieser Zeit von allen Parteien aufmerksam verfolgt. Der Hinweis darauf, daß Kursachsen sich für den „Kurfürstentag“ rüstete ((Gemeint war die Reichsversammlung, die schließlich als Deputationstag in Regensburg 1623 stattfinden sollte.), zeigte zudem, daß man mit einer koordinierten Politik protestantischer Reichsstände rechnete.

Abschließend kam ein Hinweis auf den Herzog von Braunschweig (offenbar Friedrich Ulrich), der seine Landdrosten und den Statthalter von Wolfenbüttel festgesetzt hatte. Der Verdacht unkorrekter Rechnungslegung, also von Veruntreuung, stand im Raum. Hier zeigte sich die Schwäche des regierenden Herzogs, dessen Bruder Christian als Kriegsunternehmer für Unruhe sorgte.

Alles in allem waren dies Schlaglichter auf verschiedene Hotspots des Kriegs und der Politik im Reich und damit Hinweise auf das, wohin sich die Aufmerksamkeit der Zeitgenossen richtete.

Diesen Artikel zitieren: Michael Kaiser, "4. Oktober 1622: Nachrichten aus Frankfurt", in: dk-blog, 6. Oktober 2022, https://dkblog.hypotheses.org/3751.

  1. Ordinari-Diensttags-Journal, 1622, Ausgabe XL.

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